Wie wohl die meisten Lehrer hatte ich schon seit längerem von klicksafe.de gehört, aber erst jetzt habe ich die Zeit gefunden, mich dort einmal (safely) durchzuklicken. Fazit: Es gibt dort so viele Informationen, Anregungen und Materialien für Kinder, Jugendliche, Eltern und Lehrer, dass man ein ganzes Schuljahr damit füllen könnte.
Für letztere steht ein mit 277 Seiten sehr umfangreiches Lehrerhandbuch mit Informationen und ausgearbeiteten Unterrichtsvorschlägen für unterschiedliche Altersgruppen zur Verfügung, aus dem auch erfahrene Internetuser noch etwas lernen können:
Kennt ihr euch zum Beispiel mit dem Bicholim-Konflikt aus, oder habt ihr schon einmal ganz genau zugehört, wovon die Band „Tillery“ eigentlich singt? Nicht? Damit seid ihr nicht alleine, denn beide wurden von Trolls erfunden und bei Wikipedia eingestellt. Dort konnte man fünf Jahre lang über die Band nachlesen und sechs Jahre über den Konflikt, bevor die Wikipedia-Stiftung dem Hoax auf die Schliche kam. Auch das Volk der „Adyhaffen“ konnte dort fünf Jahre überleben (nachzulesen im Lehrerhandbuch von klicksafe.de auf S. 39).
Die Aussage auf S. 32, dass man es selbst bei Verwendung einer Suchmaschine aufgrund personalisierter Suchergebnisse mit einer Filterblase zu tun bekommt, hat mich erst einmal überrascht. Da mein Blog seit 2012 besteht und ich besonders in den ersten Jahren recht intensiv SEO betrieben habe, dachte ich zunächst, es handle sich um eine neue Entwicklung. Bei einer Google-Suche (!) stellte ich aber fest, dass von einer Vorgehensweise die Rede ist, die z. B. Google bereits seit 2009 betreibt. Wenn man aber weiter recherchiert, stellt man fest, dass der Begriff „Filterblase“ eher zur Übertreibung neigt, da sich die Personalisierung vor allem auf den Standort, die Sprache sowie vorherige Suchanfragen – soweit sie gespeichert wurden – bezieht. Vergleiche zwischen den Suchen unterschiedlicher Nutzer zum gleichen Stichwort haben ergeben, dass sich die Ergebnisse nur geringfügig unterscheiden. Mehr darüber nachlesen und auch erfahren, wie man sich diesem Einfluss entziehen kann, könnt ihr hier.
Schön finde ich, dass das Lehrerhandbuch auch viele Beispiele und Hilfen für den Grundschulbereich bietet. Allerdings hätte ich mir zu einem Bereich, der besonders lebensweltbezogen für meine Schülerschaft ist, mehr konkrete Arbeitsmaterialien (z. B. Arbeitsblätter oder e-Learning-Angebote) gewünscht, nämlich zu den Kindersuchmaschinen. Diese bieten zum einen Schutz vor gefährdenden Inhalten und liefern zum anderen für die Interessen und Bedürfnisse der Kinder ausgewählte Inhalte. Als „Tor“ ins Internet sind sie damit höchst relevant für den Grundschulunterricht, wo Suchen im Internet sowohl eine sinnvolle und beliebte Methode zur Gewinnung von Informationen (z. B. im Heimat- und Sachunterricht, mehr darüber in meinem Artikel Eine Suchmaschine extra für Kinder) darstellen, als auch im Rahmen der Medienerziehung unter Berücksichtigung der Chancen und Gefahren als Methode als solcher thematisiert werden. Obwohl im Lehrerhandbuch die Bedeutung eines geschützten Raums für 6- bis 11-jährige Kinder bei Internetrecherchen betont wird, werden entsprechende Suchmaschinen lediglich aufgezählt und auch ein paarmal in kleinen Arbeitsaufträgen zur Informationsgewinnung angesprochen. Hier vermisse ich eine didaktische Berücksichtigung des zweiten von mir angesprochenen Bereiches, dem bewussten Kennen- und Schätzenlernen der Vorteile einer Kindersuchmaschine an sich. Allerdings könnte es sein, dass in den (mir noch unbekannten) Schülermaterialien durchaus besser aufbereitete Vorschläge zu diesem Thema vorhanden sind. Ich würde mich diesbezüglich über Hinweise von euch unten im Kommentarbereich sehr freuen!
Unter dem Titel „Internet, alles wahr?“ gibt es auf S. 25 einen Unterrichtsvorschlag, bei dem Misinformationen in den kurzen Artikeln zum Thema „Wale“ gefunden werden sollten. Das Handbuch gibt vier Tipps, wie die Schüler hierbei vorgehen können:
- Finde heraus, wem die Webseite gehört!
- Kontrolliere die Informationen!
- Was weißt du schon darüber? Vergleiche es!
- Von wann ist die Seite? Schaue nach!
(S. 24)
Da diese Tipps für Grundschüler teilweise nicht so einfach zu bewältigen sind, könnte sich daran eine fruchtbare Diskussion in der Klasse entspinnen:
- Wo kann ich überhaupt herausfinden, wem die Webseite gehört? (Wer benötigt rechtlich überhaupt eine Anbieterkennzeichnung? Kann die Angabe bei „Über mich“ auch erfunden sein? Was findet man über „whois“ heraus?)
- Wo finde ich, von wann die Seite ist? (Aktualisieren manche Webseiten die Datumsangaben ihrer Artikel automatisch?)
- Wie kann ich die Informationen kontrollieren? (Ist ein Vergleich mit anderen Webseiten geeignet, oder dürfen es nur Bücher sein? Welche Webseiten sind besonders geeignet?)
- Wenn ich auf mein Vorwissen zurückgreife und feststelle, dass die Website in diesem einen Aspekt recht hat, kann ich dann automatisch auch alle anderen glauben?
Eine solch differenzierte Diskussion würde ich allerdings erst gegen Ende Grundschulzeit ansiedeln. Da ich momentan eine 3. Klasse unterrichte, würde ich das Unterrichtsbeispiel zu den Walen insoferen anpassen, als ich die vier Tipps zur Überprüfung auf zwei reduzieren würde, nämlich auf die Prüfung durch das eigene Vorwissen sowie die Kontrolle anhand anderer Quellen. Bei letzterer würde ich jedoch ausführlich auf den Vergleich mit anderen Webseiten eingehen, da sich dieser ja anbietet, wenn man bereits dabei ist, im Internet zu surfen. Schon bei den drei fiktiven Wal-Artikeln im Handbuch kann man aufgrund eines solchen Vergleiches relativ schnell einen eliminieren, der höchstwahrscheinlich falsch ist. Ich würde in Anlehnung an dieses Beispiel zunächst selbst fiktive Artikel erfinden und danach im Internet nach Seiten suchen, die sich zur Kontrolle eignen, wobei idealerweise auch solche mit geringer Glaubwürdigkeit darunter wären. Anhand meiner ausgewählten Seiten, sowie solcher, die die Schüler selbst suchen dürfen, würde die Klasse herausarbeiten, dass eine ausreichend große Zahl von Artikeln zum Vergleich gesichtet werden und evtl. auch auf andere Textmerkmale, wie z. B. sprachliches Niveau, geachtet werden muss. Da hier zusätzlich zur Medienkompetenz auch Lese- und Sprachkompetenz sehr effektiv gefördert werden, eignet sich die Einheit wunderbar für ein fächerübergreifendes Arbeiten zwischen Sach- und Deutschunterricht.
Wer nun neugierig geworden ist, kann sich das Material bei klicksafe unter dieser Creative-Commons-Lizenz herunterladen oder auch gedruckt bestellen.:
Ihr müsst also beachten, dass das Lehrerhandbuch nur für die nichtkommerzielle Nutzung unter Angabe der Quelle und der Website freigegeben ist und nicht verändert werden darf. Daher dürft er es nur im Ganzen an Kollegen weitergeben (die einzelnen Bausteine des Buches können aber auch gesondert heruntergeladen werden und stehen jeweils wieder unter der obigen Lizenz). Teile davon z. B. in Arbeitsblätter für Schüler einzubinden ist nicht erlaubt!
Für die Schülermaterialien gilt natürlich eine andere Lizenz, da diese auch als Kopiervorlagen gedacht sind. Bitte seht aber in jedem individuellen Fall immer selbst direkt im Material nach und weist eure Kollegen auch noch einmal mündlich darauf hin!
Und jetzt: viel Spaß beim Stöbern!