Schulisches Leadership im digitalen Kontext

16:06

„Leadership“, der positiv-emotional gefärbte englische Ausdruck für „Führung“, betont die Relevanz der inneren Haltung und Persönlichkeit des Führenden.

Auch für Schulleitungen kommt es nicht nur darauf an, Verwaltungsaufgaben zu erfüllen und rechtliche Vorgaben im Kollegium durchzusetzen. Wichtiger ist es, ein positives Schulklima zu schaffen, in dem sich Schüler und Lehrkräfte gleichermaßen wertgeschätzt und in ihrer persönlichen Entwicklung unterstützt fühlen.

Hier hat die Schulleitung maßgeblichen Einfluss und damit eine große Verantwortung nicht nur für die ihr momentan an der Schule anvertrauten Personen, sondern auch in gesellschaftlicher Hinsicht: Zum einen wirken das Bild und der Einfluss der Schule unmittelbar nach außen, zum anderen werden kleine „Samenkörner“ bestimmten Verhaltens und bestimmter Werte in die Schüler gelegt, die diese idealerweise auf lange Sicht mit ins Leben nehmen und an an andere weitergeben. Daher sehe ich als wichtigste Aufgaben der Schulleitung an,

  • die Individualität aller Mitglieder der Schulgemeinschaft zu respektieren,
  • sie anzuleiten, Stärken weiterzuentwickeln, Schwächen abzufedern sowie eine konstruktive und empathische Haltung gegenüber anderen einzunehmen
  • und die Schule als Ort zu gestalten, der sowohl dem Einzelnen als auch der Gemeinschaft vielfältige Möglichkeiten zu einer bereichernden Entwicklung eröffnet.

Will ein Schulleiter diesen Ansprüchen gerecht werden, kann er sich nicht der Rolle eines „Diktators“ bedienen, sondern muss (oder darf) die eines „Moderators“ einnehmen.

„Leadership digital“

Da digitale Medien momentan aufgrund von Fördergeldern auf Bundes- und Landesebene in großem Stil Einzug in die Klassenzimmer halten, wird das Verhältnis eines Schulleiters zum Begriff „Digitalisierung“ derzeit maßgeblich geprägt von seiner Rolle als Entscheidungsträger, welche (und wie viele) Geräte denn nun konkret angeschafft werden müssen. Danach wird sich die Frage stellen, wie Lehrer und Schüler weitergebildet werden, damit sie die Medien auch sinnvoll nutzen können.

In meinem persönlichen Arbeiten erlebe ich die Digitaliserung als große Arbeitserleichterung sowohl für das Unterrichten als auch die Verwaltung. Andererseits kommen durch die Weitergabe der digitalen Geräte an die Hand der Schüler neue Aufgaben auf die Schulleitungen zu, denn jetzt gilt es sicherzustellen, dass die medienpädagogischen Ansprüche erfüllt werden. Dass sich meine Rolle als Schulleiter grundlegend verändern wird, erwarte ich jedoch nicht, da ich nicht damit rechne, dass Computer die oben genannten drei Aufgaben übernehmen werden.

Eine interessante Website, die dem persönlichkeitsorientierten Anspruch des Begriffs „Leadership“ gerecht werden möchte, ist Leadership-Trainings für Schulentwicklung. Durch verschiedene Tools sollen Schulleiter hier in ihrer Selbstreflexion über eine Vielzahl von Persönlichkeitsfacetten angeleitet werden. Die Betreiber gehen davon aus, dass diese Reflexionen den Anstoß zu positiver Veränderung geben können.

Es handelt sich zusammenfassend um eine Online-Achtsamkeitsübung für Schulleiter, wie sie meines Wissens zumindest im deutschen Sprachraum einzigartig ist. Die Startseite ist grafisch sehr modern und emotional ansprechend gestaltet und hat einen gewissen Überraschungseffekt, weil man etwas anderes erwartet, wenn man auf ein „Leadership-Training“ klickt. Will man von hier aus den Bereich betreten, in dem sich die einzelnen Tools befinden, muss man sich zunächst registrieren. Ist das geschafft, hat man freie Auswahl zwischen 20 verschiedenen Aufgaben zur Selbsteinschätzung, teilweise mit Fragen im Stil von Persönlichkeitstest, teilweise als Gewichtung persönlich-emotionaler Stimmungen bzw. Befindlichkeiten, oder auch mit Texteingabefeldern, um individuelle Reflexionen zu ermöglichen. Unter manchen Punkten gibt es (bisher? die Website versteht sich nach eigenen Angaben als „Work in Progress“) gar keine interaktiven Aufgaben, sondern lediglich Informationen und Anregungen.

Dabei sind die Werkzeuge nicht als einmalige „Tests“ gedacht, sondern sollen wiederholt, am besten gewohnheitsmäßig, genutzt werden. Die Resultate werden nämlich automatisch jeweils als Ergebnis zu einem bestimmten Zeitpunkt in eine Grafik eingetragen, so dass sich mit der Zeit ein Graph ergibt, an dem man die eigene Entwicklung in einem bestimmten Bereich ablesen kann.

Gut gefällt mir neben der grafischen Gestaltung das Anliegen der Seite sowie die Möglichkeit der interaktiven Selbsteinschätzung. Auch, dass man die Inhalte frei wählen kann und durch die Art der Aufgaben tatsächlich einen „Stups“ in die richtige Richtung erhält, finde ich positiv. Es wird keine Rückmeldung gegeben, wie man sie von Online-Tests im Stil von „Cosmopolitan“ kennt (Sie sind der Typ „fair, aber zu weich“, etc.), sondern es wird einem die Selbstkompetenz, eigene Schlüsse über sich zu ziehen, anscheinend zugetraut.

Die Erstellung der Graphen über die Zeit finde ich interessant, weil sie eigene Einschätzungen der persönlichen Entwicklung evtl. zu einem gewissen Grad überprüfbar macht. Da man sich jedoch in den Aufgaben immer nur selbst positioniert und jegliche Fremdbeurteilung fehlt, bin ich skeptisch, ob die Graphen wirklich über „Verbesserungen“ oder „Lernen“ Auskunft geben können. Anders verhält es sich, wenn es um die eigenen Befindlichkeiten geht (Müdigkeit, Glücksgefühle etc.). Hier kann eine Entwicklung über die Zeit z. B. ein Warnsignal sein, wenn sich die Stimmung auf längere Sicht verschlechtert.

Obwohl das Design der Startseite sehr schön und ansprechend ist, würde ich mir an dieser Stelle noch ein paar genauere Informationen wünschen, was mich erwartet, wenn ich mich bei der Seite registriere.

Funktional wäre es für mich persönlich hilfreich, wenn die eigenen Ergebnisse in Relation zum Durchschnitt aller Anwender gesetzt würden. Falls es sich beim Wert „100“ um diesen Durchschnittswert handeln sollte, habe ich diese Information übersehen.

Grundlegend halte ich die Idee und die Grundannahmen der Website für sehr sinnvoll und ich denke, dass ich von den Fragen, die mir bei den einzelnen Tools gestellt wurden, bereits profitiert habe. Ich nehme an, dass ich vor allem in „Krisensituationen“ auf die Seite zurückkommen werde, um mich selbst zu positionieren und den Blick aufs Wesentliche freizubekommen.

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