…klingt mir noch immer zu mechanisch. eigentlich würde ich den „technischen“ Fortschritt des Großen hier zum Thema machen. da ich hiermit von Kindheit her ungeliebte Übungen verbinde, bei denen meine kleine Hand sich steif von links nach rechts bewegte und dazu versuchte, einen Finger nach dem anderen so hoch wie möglich zu heben (ohne die anderen vier zu rühren) und dann so hammermäßig mechanisch wie möglich auf die entsprechende Taste zu schlagen, während das Metronom tickte und bei Bestehen der Übung jeweils ein bisschen schneller gestellt wurde – deshalb also nehme ich von dem Wort Abstand.
lieber schreibe ich darüber, was und wie mein Großer (inzwischen 6 Jahre alt) so gespielt hat im vergangenen halben Jahr.
bis kurz nach Weihnachten haben wir getrödelt. der Große wollte unbedingt ein paar ihm bekannte Lieder, insbesondere „Wer hat die schönsten Schäfchen“ aus Terzibaschitsch, Meine allerersten Kinderlieder, spielen. in der Adventszeit übten wir einige Stücke aus Meine allerersten Weihnachtslieder von derselben Autorin.* leider hat er sich dann mit dem Vorspiel bei der Omi ein bisschen geziert…
beide genannten Bücher beschränken sich (laut eigenen Angaben) auf den „Fünftonraum“, der jedoch vom g bis zum g‘ eigentlich neun Töne beinhaltet, wobei die Daumen beide auf dem c‘ liegen. gleichzeitig kamen wir jedoch in unseren Tastenträumen auf Seite 55 zum Stück „Auf der Leiter“, das mit einer G-Dur-Tonleiter, auf rechte und linke Hand aufgeteilt, beginnt.
zum einen wird hier das Fis eingeführt, zum anderen ganz unscheinbar mit der Anmerkung „Positionswechsel r. H.“ auf eine für den Großen zunächst recht schockierende Erfahrung hingewiesen: die rechte Hand bewegt sich eine Taste weiter nach rechts, so dass ihr Daumen nun auf dem d‘ liegt (die linke Hand bleibt, wo sie immer schon war). daran hatte der Große ein paar Tage lang sehr zu knabbern. nun musste sein Hirn die Noten mit Tasten verbinden anstatt wie bisher mit Fingern… zum ersten Mal empfand er Klavierspielen als wirklich schwer. ich habe ihn aufgemuntert und ihm immer wieder versprochen, dass er sich bald daran gewöhnen und es damit besser werden würde.
und schließlich machte er auch eine positive Erfahrung, nämlich dass man mit genug Übung an einen Punkt gelangt, an dem das zunächst Schwere dann leicht fällt.
als dann zwei Seiten leichter bei „Traurige Melodie“ auch die linke Hand vom gewohnten Platz wegrutschen musste, war er schon zuversichtlicher und hatte bereits umgeschaltet aufs Prinzip „Noten bedeuten Tasten, nicht Finger“. allerdings klang die „traurige“ Melodie in unserer bisherigen Portatospielweise eher gequält als traurig. daher wurde es bei diesem Stück höchste Zeit, das Legatospiel zu erlernen.
ein paar Lieder später gelangten wir auf Seite 60 zu „Der Trotzkopf“. hier wird der Bindebogen eingeführt – wir hätten uns also freuen können, da wir nun ja bereits Legato spielten. aber der „Trotzkopf“ summt nicht gemütlich vor sich hin, sondern er tanzt und hüpft, wie man auf dem Bild sehen kann, das ich hoffentlich in dieser nur halb fotografierten Form hier einstellen darf.
also nahmen wir uns viel Zeit fürs Händefallenlassen, Handgelenkrundnachobenziehen, Tastenzupfen usw… der Trotzkopf blieb ein Stück weit unvollendet, aber dafür auch unvergewaltigt.
zur Freude des Großen sind wir nun endlich beim „Hupkonzert“ auf S. 62 angekommen – dem ersten Stück, bei dem beide Hände gleichzeitig spielen. oder eben gerade nicht „gleichzeitig“, sondern unabhängig voneinander. die linke Hand kommt auf die Zählzeit eins (Dreivierteltakt) und bleibt liegen, während die rechte auf 2 und 3 mit einem Zweiklang (e-g bzw. f-g) „hupt“ und eben nicht liegen bleiben darf. für einen Jungen genau das Richtige.
parallel dazu spielt der Große weiterhin auswendig nach Tomoko Cosacchis Suzuki-Adaption für Klavier. momentan ist er bei „Hänsel und Gretel“. bisher habe ich ihn die Melodie immer mit beiden Händen spielen lassen – erst einzeln und zum Schluss auch parallel zusammen. das wird sich jedoch bald ändern, da er kurz davor steht, die Begleitung mit Akkorden zu erlernen.
für die folgenden Artikel habe ich mir vorgenommen, meine Erfahrungen mit diesen „technischen“ (also doch!) Herausforderungen weiterzugeben und aufzugreifen, welche Erfahrungen andere Eltern, Schüler und Klavierlehrer damit gemacht haben.